Warum Börsencrashs kein Unglück sein müssen – sondern eine echte Chance bieten
Korrekturen, Kursstürze und Krisen gehören zum Investieren – wer langfristig Vermögen aufbauen möchte, muss mit ihnen rechnen. Doch viele Anleger reagieren falsch: Sie lassen sich von Emotionen, Schlagzeilen und vermeintlich rationalen Argumenten leiten – und treffen Entscheidungen, die ihnen teuer zu stehen kommen.
In diesem Beitrag möchten wir zeigen, warum Korrekturen unvermeidbar sind, welche psychologischen Fallen es zu vermeiden gilt und warum gerade in schwierigen Phasen die größten Chancen liegen.
Einleitung
Kernthese Börsenkorrekturen sind kein Ausnahmezustand, sondern ein wiederkehrendes Phänomen. Wer ruhig bleibt und die Mechanismen versteht, hat einen klaren Vorteil – nicht nur rational, sondern auch emotional.
Historie und Mechanik von Korrekturen
Seit 1945 kam es laut einer Analyse von Assenagon zu zwölf sogenannten Bärenmärkten am US-Aktienmarkt. Ein Bärenmarkt beginnt, wenn Kurse um mehr als 20 Prozent vom letzten Hoch fallen. Dazu zählen Ereignisse wie die Ölkrise, der Schwarze Montag 1987, die Finanzkrise oder zuletzt der Corona-Crash 2020.
Die gute Nachricht: In den meisten Fällen folgte nach einem Jahr bereits eine deutliche Erholung. Und wer fünf oder zehn Jahre investiert blieb, wurde fast immer mit soliden bis überdurchschnittlichen Renditen belohnt. Historisch betrachtet liegt die reale Durchschnittsrendite von Aktien seit 1900 weltweit bei etwa 5,2 Prozent pro Jahr (Quelle: Global Investment Returns Yearbook).
Ob politische Krisen, Pandemien oder geldpolitische Schocks: Der Auslöser von Marktkorrekturen ist selten vorhersagbar. Wer versucht, mit «Market Timing» diesen Entwicklungen zuvorzukommen, handelt meist zu spät oder falsch. Studien zeigen, dass selbst professionelle Investoren es nicht schaffen, Ein- und Ausstiegspunkte dauerhaft richtig zu timen.
Ein Beispiel: Verpasst ein Anleger im Zeitraum von 1926 bis 2006 die besten 40 Monate am US-Markt, erzielte er mit Aktien sogar eine niedrigere Rendite als mit Staatsanleihen (Quelle: Swiss Rock).
Psychologie und Verhalten
Verunsicherte Anleger neigen dazu, in Panik zu verkaufen, wenn die Kurse fallen. Doch gerade dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Boden bald erreicht ist. Wer dann aussteigt, realisiert nicht nur Verluste, sondern verpasst oft die entscheidende erste Erholungsphase.
Eine Untersuchung von J.P. Morgan zeigt, dass Anleger, die in den Jahren 1999 bis 2018 investiert blieben, mit dem S&P 500 eine jährliche Rendite von rund 5,6 % erzielten. Wer jedoch nur die 10 besten Börsentage in diesem Zeitraum verpasste, erzielte nur noch 2 % pro Jahr. Wer die 20 besten Tage verpasste, lag bereits im negativen Bereich.
Auch Morningstar-Daten bestätigen: Anleger, die in der Finanzkrise 2008 panisch ausstiegen, kehrten oft erst nach der ersten massiven Kurserholung zurück und verpassten damit Kursgewinne von teils über 30 % in wenigen Monaten.
Zudem entstehen durch hektisches Handeln oft hohe Transaktionskosten und Steuerlasten. Nicht zu handeln ist in solchen Phasen oft die beste Entscheidung.
Begründung/Analyse Die Börse steigt nicht in gerader Linie. Ein großer Teil der langfristigen Gewinne entsteht in wenigen, sehr starken Tagen. Diese Tage kommen oft direkt nach einem Crash. Wer dann nicht investiert ist, holt den Abstand nur schwer wieder auf.
Ein Bild zur Veranschaulichung: Wenn man einen neuen Laptop kaufen möchte und ihn plötzlich mit 30% Rabatt sieht, schlägt man zu. An der Börse jedoch neigen viele dazu, zu zweifeln: «Ist der Laptop kaputt? Wird er noch billiger? Ist es vielleicht besser zu warten?» Diese Unsicherheit führt dazu, dass man Chancen verpasst.
Eine der besten Strategien für Privatanleger ist die regelmäßige, automatische Investition fester Beträge (z. B. via ETF-Sparplan) und das konsequente Ignorieren kurzfristiger Schwankungen. Wer sein Depot täglich kontrolliert, neigt zu übereiltem Handeln.
Langfriststudien zeigen: Wer schweizer Aktien 10 Jahre hielt, erzielte in 96 von 99 Fällen eine positive Rendite. Bei einer Haltedauer von 14 Jahren: kein einziges Mal negativ (Quelle: Pictet).
In Phasen von Korrekturen schaltet der Mensch instinktiv in den «animalischen» Modus: Angst, Fluchtreflex, Herdentrieb. Die Medien verstärken diese Reaktion: Panikmache, Schwarzmalerei, Schlagzeilen wie «Börsen im freien Fall».
In solchen Momenten bestimmt nicht mehr die Unternehmensbewertung die Kurse, sondern Massenpsychologie:
- Privatanleger verkaufen aus Angst
- Spekulanten verkaufen wegen Margin Calls
- Fondsmanager sichern aus Karrieregründen ab
Mr. Market, wie ihn Benjamin Graham beschrieb, ist in solchen Phasen launisch, übertreibt in beide Richtungen und ist von Emotionen getrieben.
Wichtig: Wer sich dieser Mechanismen bewusst ist, kann einen kühlen Kopf bewahren.
Strategie, Haltung und Handlung
Ein zentraler Grundsatz lautet: Investieren Sie nie mit geliehenem Geld. Korrekturen können zu unerwarteten Rückgängen führen – wer dann auf Kredit investiert ist, gerät schnell in die Zwangslage, verkaufen zu müssen.
Darum: Investieren Sie nur das Kapital, das Sie in den nächsten Jahren nicht benötigen. Nur so behalten Sie Handlungsspielraum.
Die besten Kaufgelegenheiten entstehen, wenn andere in Panik sind. Korrekturen bieten die Chance, Qualitätsaktien mit «Rabatt» zu erwerben. Wer das verstanden hat, begrüßt Kursrückgänge als Gelegenheit anstatt als Gefahr.
Oder wie Warren Buffett sagt: «Sei ängstlich, wenn andere gierig sind – und sei gierig, wenn andere ängstlich sind.»
Abschluss/Fazit Börsenkorrekturen sind keine Ausnahme, sondern die Regel. Wer langfristig denkt, sich emotional im Griff hat und in Korrekturen nicht verkauft, sondern möglichst zukauft, legt den Grundstein für nachhaltigen Vermögensaufbau. Nicht Panik, sondern Disziplin ist die wichtigste Tugend des Investors.