Amerikas Gratwanderung: Schulden, Zölle und der Druck auf das System
Der wirtschaftspolitische Kurs der USA unter Präsident Trump verändert nicht nur das Gleichgewicht im eigenen Land, sondern sendet Schockwellen durch das globale Finanzsystem – mit weitreichenden Folgen für Schuldenmärkte, Handelsstrukturen und das Vertrauen in die Weltleitwährung.
Makroökonomischer Lagebericht 2025 – Wie strukturelle Schwächen und politische Risiken die USA und die westliche Welt herausfordern
Die USA gelten vielen als wirtschaftlich unerschütterlich: dominanter Dollar, enorme Innovationskraft, tiefe Kapitalmärkte. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Handelsdefizite, steigende Zinsen, explodierende Schulden und geopolitische Friktionen setzen das System unter Druck. Die Regierung unter Donald Trump verspricht Unabhängigkeit durch Zölle und nationale Produktionsförderung. Doch was kurzfristig nach «America First» klingt, droht sich längerfristig als Belastung herauszustellen.
Zölle, Personalabbau und Handelsillusion
Im April 2025 kündigte die Trump-Regierung an, innerhalb von 90 Tagen Handelsabkommen mit bis zu 90 Ländern abschließen zu wollen. Realität: nach zwei Monaten war nur ein einziges Abkommen in Sicht – ein loses Rahmenpapier mit Großbritannien. Historische Daten zeigen: Im Schnitt dauern US-Handelsabkommen 900 Tage. Die Strategie «Zölle zuerst, Gespräche später» lässt Partnerländer zögern.
Die Einfuhren der USA sind im April um über 16 % eingebrochen. Besonders betroffen: Medikamente, Smartphones, Maschinen, Autos. Gleichzeitig stiegen die Preise für Konsumgüter. Unternehmen klagen über Zulieferengpässe. Ein starker Rückgang der China-Importe auf ein 5-Jahres-Tief verdeutlicht die Wirkung der Zölle. Exportseitig gab es nur leichte Zugewinne – hauptsächlich durch Goldveräußerungen.
Gleichzeitig wurde der Verwaltungsapparat massiv gekürzt. Tausende Beamte verloren ihre Stellen. Forschungseinrichtungen, Gesundheitsämter und internationale Hilfsprogramme wurden gestrichen. Die Arbeitslosigkeit in Washington D.C. steigt, während sich die Expertise vieler ehemaliger Fachkräfte nicht ohne Weiteres in die Privatwirtschaft übersetzen lässt.
Schulden, Zinsen und strukturelle Risiken
Schuldenentwicklung seit 2000:
Die Staatsverschuldung der USA lag im Jahr 2000 bei rund 5 Billionen USD. Im Jahr 2025 nähert sie sich der Marke von 35 Billionen USD. Das entspricht mehr als 120 % des BIP. Eine hohe Schuldenquote relativ zum Bruttoinlandsprodukt signalisiert, dass ein wachsender Anteil der wirtschaftlichen Leistung in die Bedienung von Altverpflichtungen fließt – was die Fähigkeit einschränkt, auf künftige Krisen zu reagieren oder in Wachstum zu investieren.
Treiber: Steuersenkungen, Konjunkturpakete, militärische Ausgaben, COVID-Kosten und steigende Zinszahlungen. Hinzu kommen strukturelle Belastungen wie eine alternde Bevölkerung und wachsende Ausgaben für Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme (Medicare/Medicaid).
Zinslast:
Früher waren Schulden billig. Heute kosten sie. Die Zinszahlungen machen 2025 bereits über 15 % der Bundesausgaben aus. Tendenz steigend. Das US-Finanzministerium muss immer größere Anteile des Budgets für Schuldendienste reservieren – zulasten von Bildung, Infrastruktur oder Sozialleistungen. Jeder Dollar, der für Zinsen ausgegeben wird, fehlt bei Investitionen in die Zukunft.
Langfristiger Zinszyklus:
Die US-Wirtschaft befand sich von ca. 1981 bis 2021 in einem 40-jährigen Abwärtstrend der Zinsen. Seit 2022 dreht sich der Zyklus: Inflation, steigende Kreditkosten, geopolitische Unsicherheit und eine aktivere Zinspolitik der Federal Reserve haben eine neue Hochzinsphase eingeläutet.
Diese könnte historisch betrachtet mehrere Jahrzehnte anhalten – mit tiefgreifenden Folgen für Staat, Unternehmen und Verbraucher.
Der Obligationenmarkt und geopolitisches Vertrauen
Was ist der Oblimarkt? Der Markt für Staatsanleihen – insbesondere US-Treasuries – ist das Fundament des globalen Finanzsystems. Er dient Staaten zur Finanzierung, Investoren zur Sicherheit und Zentralbanken als Reserveanlage. Größe: über 30 Billionen USD nur in US-Staatsanleihen. Seine Stabilität ist nicht nur für die USA entscheidend, sondern für die gesamte westliche Welt: Banken, Versicherungen, Rentensysteme, Hypothekenzinsen und Unternehmenskredite weltweit basieren oft auf dem Zinssatz der US-Treasuries.
Stresssignale im Jahr 2025: China, Japan und Saudi-Arabien reduzieren ihre US-Bestände. Gründe: Diversifizierung von Reserven, politische Spannungen, Bedenken hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit, eigene wirtschaftliche Bedürfnisse. Die Zinsstrukturkurve bleibt invertiert – kurzfristige Anleihen bringen höhere Renditen als langfristige. Das signalisiert Marktteilnehmern Rezessionsgefahr. Die USA sind zunehmend auf inländische Käufer und Notenbankaktionen angewiesen. Die Konsequenz: «Crowding out» privater Investitionen, aufgeblähte Notenbankbilanzen, potenziell neue Inflationsrisiken.
Abschluss/Fazit
Die USA leben wirtschaftlich auf Pump – finanziert vom Vertrauen der Welt. Doch dieses Vertrauen bröckelt. Ein fallender Dollar würde Importe verteuern und Inflation anheizen. Wenn Investoren fliehen, drohen Kapitalflucht, steigende Zinsen, strukturelle Instabilität – mit globalen Konsequenzen. Länder könnten Kapital in Gold, Rohstoffe oder andere Währungen umlenken.
Die USA bleiben vorerst wirtschaftlich dominierend. Doch ihr Modell ist fragil: Konsum auf Kredit, strategische Überdehnung, politische Polarisierung. Eine makroökonomische Debatte ist überfällig – über Steuerreformen, Ausgabendisziplin, strategische Investitionen. Die Fähigkeit zur Reform entscheidet, ob das System tragfähig bleibt – nicht die Hoffnung auf ein Weiter-so.