Amerikas Gratwanderung: Schulden, Zölle und der Druck auf das System

Im April 2025 kündigte die Trump-Regierung an, innerhalb von 90 Tagen Handelsabkommen mit bis zu 90 Ländern abschließen zu wollen. Realität: nach zwei Monaten war nur ein einziges Abkommen in Sicht – ein loses Rahmenpapier mit Großbritannien. Historische Daten zeigen: Im Schnitt dauern US-Handelsabkommen 900 Tage. Die Strategie «Zölle zuerst, Gespräche später» lässt Partnerländer zögern.

Die Einfuhren der USA sind im April um über 16 % eingebrochen. Besonders betroffen: Medikamente, Smartphones, Maschinen, Autos. Gleichzeitig stiegen die Preise für Konsumgüter. Unternehmen klagen über Zulieferengpässe. Ein starker Rückgang der China-Importe auf ein 5-Jahres-Tief verdeutlicht die Wirkung der Zölle. Exportseitig gab es nur leichte Zugewinne – hauptsächlich durch Goldveräußerungen.

Gleichzeitig wurde der Verwaltungsapparat massiv gekürzt. Tausende Beamte verloren ihre Stellen. Forschungseinrichtungen, Gesundheitsämter und internationale Hilfsprogramme wurden gestrichen. Die Arbeitslosigkeit in Washington D.C. steigt, während sich die Expertise vieler ehemaliger Fachkräfte nicht ohne Weiteres in die Privatwirtschaft übersetzen lässt.

Zinslast:
Früher waren Schulden billig. Heute kosten sie. Die Zinszahlungen machen 2025 bereits über 15 % der Bundesausgaben aus. Tendenz steigend. Das US-Finanzministerium muss immer größere Anteile des Budgets für Schuldendienste reservieren – zulasten von Bildung, Infrastruktur oder Sozialleistungen. Jeder Dollar, der für Zinsen ausgegeben wird, fehlt bei Investitionen in die Zukunft.

Die USA leben wirtschaftlich auf Pump – finanziert vom Vertrauen der Welt. Doch dieses Vertrauen bröckelt. Ein fallender Dollar würde Importe verteuern und Inflation anheizen. Wenn Investoren fliehen, drohen Kapitalflucht, steigende Zinsen, strukturelle Instabilität – mit globalen Konsequenzen. Länder könnten Kapital in Gold, Rohstoffe oder andere Währungen umlenken.

Die USA bleiben vorerst wirtschaftlich dominierend. Doch ihr Modell ist fragil: Konsum auf Kredit, strategische Überdehnung, politische Polarisierung. Eine makroökonomische Debatte ist überfällig – über Steuerreformen, Ausgabendisziplin, strategische Investitionen. Die Fähigkeit zur Reform entscheidet, ob das System tragfähig bleibt – nicht die Hoffnung auf ein Weiter-so.