AMD und die KI-Revolution: Warum Lisa Su recht hat – und wir erst am Anfang stehen
AMD bringt mit den neuen MI355- und MI400-Chips eine starke Ansage in den KI-Markt. CEO Lisa Su spricht von einem Jahrzehnt des Wachstums und sieht AMD als offene, effiziente Alternative zu Nvidia. Die Strategie: Full-Stack-Systeme, Offenheit für Entwickler und enge Partnerschaften mit führenden Unternehmen wie Meta, OpenAI und Microsoft.
Ein Chip, ein Event – und eine klare Vision
Am 13. Juni präsentierte AMD auf dem «Advancing AI»-Event in San Jose seine neuesten Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz. CEO Lisa Su stellte dabei nicht nur neue Hardware und Softwarelösungen vor, sondern auch eine langfristige Strategie, die AMD als offenen und leistungsstarken Gegenspieler zu Nvidia und den Hyperscalern positionieren soll. Obwohl die Aktie im Vergleich zu Nvidia hinterherhinkt, sieht AMD eine riesige Chance – und ich auch.
AMD im KI-Markt: Was steckt dahinter?
Kernaufgabe: AMD entwickelt und liefert Chips, Systeme und Softwarelösungen für den Betrieb von KI-Anwendungen in Rechenzentren – nicht für Endverbraucher-PCs. Zu den Anwendern gehören führende Unternehmen wie Meta, OpenAI und Tesla.
Was ist die «USP» von AMD?
Unique Selling Proposition (USP): AMDs Wettbewerbsvorteil liegt in einer Kombination aus:
- Offenes Ökosystem: Im Gegensatz zu Nvidias proprietärer Plattform ermöglicht AMD flexible Softwareentwicklung.
- Starkem Preis-Leistungs-Verhältnis: Höhere Effizienz durch mehr „Tokens pro Dollar“ für KI-Anwendungen.
- Schneller Markteinführung: Akquisitionen wie ZT Systems verkürzen die Zeit bis zur Produktverfügbarkeit.
- Full-Stack-Lösungen: AMD liefert komplette Systeme, vom Chip bis zum Rack-Design, aus einer Hand.
Wichtige Fachbegriffe erklärt
Um das Interview besser zu verstehen, hier die Erklärung der zentralen Begriffe:
Begriff | Erklärung |
---|---|
UPC (Universal Processor Core) | AMDs Architekturkonzept für vielseitige Prozessorkerne, die klassische und KI-Berechnungen effizient abdecken. |
Tokens pro Dollar | Effizienzmaß: Wie viele Einheiten (z. B. Wörter) ein KI-Modell pro investierten Dollar verarbeiten kann. |
Inferenzbeschleuniger | Chips, die trainierte KI-Modelle in der Anwendung besonders schnell und energieeffizient verarbeiten. |
Inferenzchip | Synonym für Inferenzbeschleuniger – Fokus auf Anwendung, nicht auf Training. |
Full-Stack | Kombination aus Hardware, Software und Rack-Systemen – alles aus einer Hand. |
Rack-Scale-Systeme | Komplettlösungen für Rechenzentren mit vorinstallierten AMD-Systemen. |
Open Ecosystem | Entwickler können mit AMD-Hardware flexibel arbeiten – ohne proprietäre Einschränkungen. |
Training vs. Inferenz | Training = Lernen des Modells; Inferenz = Anwendung auf neue Eingaben. |
ROCm | AMDs offene Softwareplattform für GPU-Computing – vergleichbar mit CUDA von Nvidia. |
MLPerf | Branchenbenchmark für KI-Chips – vergleicht u. a. Nvidia vs. AMD. |
UALink | Neue Highspeed-Verbindung zwischen Recheneinheiten, Alternative zu Nvidias NVLink. |
Developer Cloud | AMDs Entwicklungsumgebung für Software-Teams mit direktem Zugang zu AMD-Hardware. |
Zentrale Aussagen von CEO Lisa Su
Lisa Su betont, dass wir uns noch in den sehr frühen Anfängen der KI-Revolution befinden. Trotz des rasanten Tempos in der Entwicklung sieht sie ein enormes langfristiges Potenzial, das sich über Jahrzehnte erstrecken wird. AMD positioniert sich als offene, flexible und hocheffiziente Alternative zu den dominierenden Anbietern.
Dabei verfolgt AMD eine klare Strategie:
- Integration von Hardware, Software und Systemdesign («Full-Stack»)
- Strategische Akquisitionen wie ZT Systems zur Beschleunigung von Markteinführungen
- Enge Kooperationen mit Partnern wie Meta, OpenAI, Oracle und Tesla/X.AI
- Offenheit als zentrales Prinzip: Entwicklerfreundlichkeit und Innovationsförderung
Zusätzlich wurde deutlich, dass die MI355-Chips bereits ausgeliefert werden und ab Q3 2025 breit verfügbar sein sollen. Erste Anwendungen laufen bereits bei Meta (z. B. für Empfehlungssysteme) und Microsoft (z. B. Copilot-Inferenz). AMD zeigte erstmals ein vollständiges Rack-System und kündigte bereits die MI400- und MI500-Generation an – mit jeweils weiteren Performance-Sprüngen.
Wachstumspotenzial im KI-Markt: Base- und Bullish-Case
Lisa Su sieht ein gewaltiges Marktwachstum: Der globale KI-Markt soll laut ihrer Prognose bis 2028 ein Volumen von über 500 Milliarden US-Dollar erreichen – bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von mehr als 60 %.
Dabei unterscheidet man grob zwei Szenarien:
- Base-Case: Moderate Adoption über alle Industrien hinweg, getrieben von generativer KI, Sprachmodellen und Automatisierung
- Bullish-Case: Exponentielle Skalierung durch neue Anwendungsfelder (Edge AI, Enterprise-Software, Gesundheitswesen, autonomes Fahren)
AMD erwartet, in beiden Szenarien überproportional zu profitieren – vor allem durch den zunehmenden Bedarf an Inferenzlösungen, die effizient, skalierbar und offen sein müssen.
Schon heute setzen sieben der zehn führenden KI-Unternehmen auf AMDs Plattform. Analysten rechnen damit, dass AMD über die nächsten zwei bis drei Jahre signifikante Marktanteile von Nvidia abnehmen könnte – sofern die technische Umsetzung gelingt und Partnerschaften wie mit OpenAI und Meta vertieft werden. Auch Oracle plant die Nutzung von AMD-Clustern in großen Rechenzentren bereits in den kommenden Monaten.
Meine Einordnung: Déjà-vu wie beim iPhone 2007
Viele sagen: «AMD ist schon gelaufen» oder «Nvidia ist uneinholbar». Aber ich erinnere mich gut: Als Apple 2007 das erste iPhone brachte, stieg der Kurs von 20 auf 100 USD – viele dachten, der Zug sei abgefahren. Doch es war nur der Anfang einer neuen Ära.
Genauso sehe ich die aktuelle Phase bei KI – und AMD spielt dabei eine entscheidende Rolle:
- Die Nachfrage nach Inferenzlösungen wird explodieren
- Offene Systeme werden sich mittelfristig durchsetzen
- Wer glaubt, er sei zu spät, verpasst womöglich den Beginn einer 10-jährigen Wachstumswelle
Selbst wenn Nvidia weiterhin dominiert, ist der Markt groß genug für zwei starke Player – und AMD ist entschlossen, diesen Platz einzunehmen.
Fazit
AMD verfügt mit Lisa Su nicht nur über eine technologisch versierte, sondern auch strategisch kluge CEO. Mit Produkten wie dem MI355 und der angekündigten MI400-Serie ist AMD klar auf dem Vormarsch. Ob sich dies in Marktanteilen und Börsenkursen vollumfänglich niederschlägt, hängt von der präzisen Umsetzung ab – die Voraussetzungen dafür sind jedoch vielversprechend.
Wer heute beginnt, sich mit AMDs Rolle in der KI-Welt zu befassen, ist nicht zu spät – sondern genau richtig in der Frühphase.