KI-Landschaft im Umbruch: Entwicklungen, Strategien, Implikationen
Vier Entwicklungen prägen aktuell den KI-Sektor – mit Folgen für Apple, OpenAI, Amazon und den Suchmarkt. Dieser Artikel analysiert die strategischen Implikationen für Technologieunternehmen und Investoren.
Einleitung
Die Künstliche Intelligenz verändert sich rasant – und mit ihr die Machtverhältnisse in der globalen Technologiebranche. Dieser Artikel analysiert vier konkrete Entwicklungen, die strategische Implikationen für Investoren, Unternehmen und Entscheider bergen.
Apples KI-Strategie gerät zunehmend unter Druck
Auf der Worldwide Developers Conference (WWDC) 2024 präsentierte Apple unter dem Label „Apple Intelligence“ verschiedene KI-Funktionen, die tief in das Apple-Ökosystem integriert werden sollten. Darunter waren umfassende Verbesserungen für Siri, intelligente Schreibunterstützung, Bildgenerierung sowie personalisierte Benachrichtigungen. Bis Juni 2025 sind jedoch viele dieser Funktionen entweder gar nicht oder nur eingeschränkt verfügbar, was Skepsis hinsichtlich Apples Wettbewerbsfähigkeit im KI-Bereich schürt.
Das zentrale Problem liegt in der komplexen Integration großer Sprachmodelle (LLMs) in Apples datenschutzorientiertes Ökosystem. Während Wettbewerber Cloud-basierte LLMs einsetzen, setzt Apple auf On-Device-KI, was enorme Rechenleistung und hocheffiziente Modelle verlangt. Siri bleibt dabei deutlich hinter Konkurrenten wie Google Assistant oder ChatGPT zurück. Experten kritisieren Apples langsamen und perfektionistischen Ansatz und fordern einen radikalen Strategiewechsel.
Apples KI-Problematik beeinflusst bereits die Aktienperformance negativ: 2025 schnitt Apple von allen Big-Tech-Unternehmen am schlechtesten ab. Der Markt bewertet zunehmend das KI-Potenzial von Unternehmen, wodurch Apple aktuell Nachteile erleidet.
Die WWDC 2025 wird für Apple entscheidend sein. Das Unternehmen steht unter Druck, überzeugende KI-Innovationen vorzustellen. Analysten empfehlen strategische Schritte wie Akquisitionen oder Partnerschaften (z. B. mit OpenAI oder Google), um die bestehende Lücke schnell zu schließen.
OpenAI entwickelt „Super-Assistant“
OpenAI transformiert ChatGPT in einen universellen „Super-Assistant“, der über Webbrowser, mobile Apps, Smart-Home-Integration sowie Telefon- und E-Mail-Schnittstellen erreichbar sein soll. Ziel ist ein System, das sich proaktiv an individuelle Bedürfnisse anpasst – über alle digitalen Kanäle hinweg.
Der Assistent wird multimodal (Text, Bild, Audio, Video) arbeiten, tiefgehende Spezialkenntnisse in spezifischen Bereichen wie Codegenerierung und Datenanalyse besitzen und externe Tools autonom nutzen. Markteinführung und Monetarisierung sind für Q1 bis H2 2025 geplant, voraussichtlich durch Abonnement- und B2B-Modelle.
Ein solcher Assistent könnte bestehende Geschäftsmodelle disruptieren und eine zentrale Middleware-Funktion einnehmen. Unternehmen wie Apple, Microsoft und Google stehen vor der Herausforderung, entweder eigene konkurrierende Produkte zu entwickeln oder die Kontrolle über wichtige Schnittstellen an OpenAI zu verlieren.
Amazon testet humanoide Lieferroboter
Die Automatisierung dieses kostenintensiven Lieferabschnitts könnte Amazon jährlich Milliarden einsparen. Gleichzeitig entstehen neue Betreiberrollen zur Wartung und Steuerung der Roboterflotten, während traditionelle Zustelljobs unter Druck geraten.
Die Tests erhöhen den Innovationsdruck auf Wettbewerber wie FedEx und UPS. Zudem erhöht diese Entwicklung die Nachfrage nach Cloud-basierten KI-Lösungen zur Routenoptimierung und Datenintegration.
Perplexity – 780 Mio. monatliche Anfragen
Perplexity AI, eine konversationsbasierte Suchmaschine, verzeichnete im Mai 2025 rund 780 Millionen monatliche Anfragen – etwa 30 Millionen pro Tag – mit einem monatlichen Wachstum von ca. 20 %. Ziel ist, bis Ende 2025 über 1 Milliarde Anfragen pro Woche zu erreichen.
Perplexity unterscheidet sich von klassischen Suchmaschinen wie Google durch seine «Answer Engine»: Statt Links zu listen, liefert es direkte, quellenbasierte Antworten. Dies könnte Googles Werbemodell unter Druck setzen und ein neues Paradigma der informationsbasierten Interaktion einleiten – etwa durch Pay-per-Result-Modelle oder Mikrotransaktionen.
Das Unternehmen plant für Juli 2025 die Einführung eines eigenen Browsers namens «Comet», der Suchmaschine und Antwortfunktion tief integriert. Parallel läuft eine Series-C-Finanzierungsrunde mit einer angestrebten Bewertung von über 14 Milliarden USD.
Perplexity hat das Potenzial, neue Monetarisierungsmodelle für Medienhäuser, FinTechs und digitale Plattformen zu erschließen. Es positioniert sich nicht nur als Herausforderer von Google, sondern auch als Plattform für Unternehmen, die transparente, vertrauenswürdige Antwortsysteme in Nischenmärkten benötigen.
Fazit
Die aktuelle Periode ist geprägt vom Übergang der „Agentic AI“ von der theoretischen Forschung zur praktischen Anwendung. Dies hat bereits konkrete und messbare Auswirkungen auf Produkte, Kostenstrukturen, Marktdynamiken und die Machtverhältnisse zwischen den größten Technologieunternehmen. Unternehmen, die jetzt die Notwendigkeit erkennen, in diese Technologien zu investieren, sich strategisch neu positionieren und vorausschauend auf regulatorische Herausforderungen vorbereiten, werden entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielen können. Wer zögert, riskiert, in einer sich rapide entwickelnden Landschaft den Anschluss zu verlieren.